Falten, Schlichten, Zusammenlegen - Die Dreifaltigkeit einer Verkäuferin
Steinzeug, glasiert
2021 - 2023
Die T-Shirts von Elke Punkt Fleisch sind akkurat gefaltet und unbequem. Sie bieten der Künstlerin eine Fläche, um 12 Frauen zu portraitieren, die ihr Leben in Teilzeiten schlichten: in der Arbeit die Kleidung, zu Hause die Wäsche und den Streit der Kinder. Ihre Zeit wird so lange geteilt, bis sie selbst nach außen hin unsichtbar werden. Die Motive der Ton-Reliefs lenken die Aufmerksamkeit daher bewusst auf die Interessen der Frauen und ihre persönliche Lebenswelt. Die Faltkante grenzt die Bereiche voneinander ab und ermöglicht die Darstellungen verschiedener Szenen aus ihrem Leben.
Der geschlechterunabhängige Teilzeit-Trend ändert nichts an der Tatsache, dass überwiegend Frauen im Textileinzelhandel arbeiten. Unbezahlte Tätigkeiten, wie Kindererziehung oder die Pflege von
Angehörigen, sind immer noch die häufigsten Gründe für Teilzeitarbeit. Auf diesen Umstand macht die Künstlerin – früher selbst Teil der Kolleginnenschaft der Portraitierten – aufmerksam. Anhand
der kreuzförmigen T-Shirts spielt die Künstlerin mit dem engen Verhältnis von Konsum und Religion: Vom glanzvollen Versprechen der einstigen Modehäuser, die berufliche Emanzipation der Frau auf
eine neue Stufe zu heben, bis hin zur heutigen Frage, wie oft man die Zeit eines Menschen eigentlich teilen kann. Selten beschweren sich die gefalteten, geteilten und zusammengelegten Frauen. Das
Risiko ausgetauscht zu werden ist zu hoch. Die Einschränkung geschieht dann in allen Bereichen: keine Karriere, zu wenig Zeit für die Kinderbetreuung, Freizeit und Beziehung teilen sich, was
übrigbleibt. Leise und an den Umstand gewöhnt, legt sich ein Teil um das andere. Die ausgefalteten Ton-T-Shirts sind somit eine Ode an die weibliche Solidarität und die persönliche Entfaltung.
Sie geschieht oft hinter den Rollen und wird erst im persönlichen Gespräch erfahrbar, im Austausch von Gemeinsamkeiten und im ehrlichen Interesse aneinander.
(Hanja Niederhammer, MA)